Warum wir manchmal ziemlich stur sein können.
Vor einiger Zeit bat uns ein Kunde, eine komplexe Knowledge Base mit detaillierter Rechteverwaltung, Website-Integration und Anbindung an diverse unternehmensinterne Prozesse umzusetzen – in WordPress.
Wir haben dankend abgelehnt. Nicht zum ersten Mal. Denn das tun wir immer wieder, wenn Kunden schon beim ersten Telefonat darauf bestehen, dass ihr Projekt ohne erkennbaren Grund, mit einer speziellen Technologie umgesetzt werden soll. Dafür muss die Kluft zwischen den Möglichkeiten der vorgeschlagenen Software oder Programmiersprache und dem skizzierten Projekt noch nicht einmal so groß sein wie im vorgenannten Beispiel. Denn viel häufiger steckt der Teufel ja im Detail.
Entscheidend in der Kundenbeziehung ist für uns, dass jeder die Kompetenzen des anderen anerkennt und wir auf Augenhöhe miteinander arbeiten. Denn nur so lässt sich das fachliche Know-how des Kunden mit unseren technischen Kompetenzen zu einem optimalen Ergebnis kombinieren.
Der erste Schritt geht zurück
Waren Sie schon mal Bouldern? Diese seilfreie Form des Kletterns an bis zu vier Meter hohen Wänden braucht jede Menge Muskelkraft. Vor allem aber braucht sie Erfahrung und planerisches Vorausdenken. Das sieht man sofort, wenn man den Profis dabei zuschaut, wie sie minutenlang vor der Wand stehen, die Anordnung der Griffe studieren und mit den Kollegen diskutieren, bevor sie tatsächlich mit dem Klettern beginnen. So ähnlich tun wir das auch. Denn bevor wir uns an das Erklimmen eines Projektbergs machen, gehen wir einen Schritt zurück und schauen uns das geplante Vorhaben aus der Entfernung an. Dabei fragen wir zunächst danach, welche Probleme die Software lösen soll und welche Funktionalitäten sie dafür braucht. Wir klettern nicht einfach einen vermeintlich offensichtlichen Weg, sondern machen uns unsere eigenen Gedanken über die richtige Vorgehensweise. Und erst dann legen wir gemeinsam mit dem Kunden das Feature-Set fest und treffen eine Technologie-Entscheidung. Dadurch verhindern wir, dass wir uns voreilig auf einen Weg machen, der sich auf halber Strecke als Sackgasse entpuppt. Weil die eingesetzte Technik den Anforderungen bei näherem Hinsehen doch nicht gewachsen ist. Oder weil die benötigten Funktionalitäten zu kleinteilig gedacht sind und das große Ganze nicht mitberücksichtigen.
Schritt für Schritt den Berg bezwingen
Da viele unserer Projekte eher einem ausgewachsenen Alpen-Massiv als einer Vier-Meter-Kletterwand gleichen, nehmen wir uns in der Regel einzelne, für sich leichter bezwingbare Abschnitte vor. Diese agile Vorgehensweise ermöglicht es uns, nach jedem bewältigten Einzelabschnitt die bisherigen Erfahrungen Revue passieren zu lassen und den nächsten Abschnitt auf Basis dieser Erfahrungen neu zu planen. Ist die Entscheidung für die eingesetzte Technologie einmal getroffen, dreht sich die Planung solcher Einzelabschnitte häufig um das konkrete Verhalten von Web- und Mobile-Apps, also das User Interface oder User Experience Design (UI/UX). In der Regel kennt der Kunde seine Nutzer am besten und weiß genau, was sie antreibt, vor welchen Problemen sie stehen und welche Lösungen sie suchen. Solches Know-how ist an dieser Stelle Gold wert und lässt sich im gemeinsamen Gespräch in User Stories und konkrete Use Cases übertragen. Dabei sprechen wir auch hier zunächst über Ziele und Funktionalitäten, die technischen Entscheidungen ergeben sich danach aus den fachlichen Anforderungen fast von allein.
Keine Entscheidung ohne Begründung
Um ein optimales UX-Design zu entwickeln, stellen wir gerne viele Fragen und versetzen uns dabei in die Situation des Nutzers. Die Aussage „So machen wir das jetzt“ ist bei uns immer mit Begründungen aus Nutzersicht unterfüttert: Wir machen das so, damit der Nutzer schneller an sein Ziel kommt. Weil wir ihn nicht überfordern wollen. Oder weil er es von der betreffenden Plattform genau so gewohnt ist. Für eine von uns entwickelte Notruf-App zum Beispiel haben wir uns die Frage gestellt, wie sich eine Notfallsituation lösen lässt, in der der Nutzer nicht sprechen kann oder will. Unsere finale Lösung war ein Workflow, der durch Antworten auf fünf einfache Fragen zum Ziel führt. Damit haben wir uns gegen den ursprünglichen Vorschlag der Experten durchgesetzt, der lange, komplexe Fragebögen voll mit medizinischen Fachbegriffen enthielt. Weil unser zentrales Kriterium immer die für den Nutzer beste Lösung ist. Nicht die, mit der wir uns beim Kunden kurzfristig beliebt machen. Auch wenn (oder gerade weil) sie deshalb manchmal mit uns für die Sache streiten müssen, schätzen unsere Kunden unsere Leidenschaft für gute Lösungen. Und sind mit uns einer Meinung, dass am Ende nur eins zählt: Das gute Produkt.
Sturheit zahlt sich aus
Wenn wir Ihnen also manchmal etwas stur erscheinen mögen, denken Sie immer daran: Wir haben nur das Beste für Sie und Ihre Nutzer im Sinn. Dass wir nicht alles einfach umsetzen, ohne es zu hinterfragen, schützt Sie davor, mit der falschen Funktionalität und den falschen Technologien in einer Sackgasse zu landen und kann für das Ergebnis nur von Vorteil sein – auch wenn es kurzzeitig mal anstrengend sein mag. Die Sturheit teilen wir uns übrigens mit den Ziegenböcken. Und die kommen ja bekanntlich selbst die steilsten Bergpfade hinauf.